Udo Rehle

Der Satz des Pythagoras

Der Satz des Pythagoras ist der bekannteste Satz in der Schulgeometrie. Auf ihm fußen alle anderen geometrischen Erkenntnisse der Euklidischen Geometrie. Alle andern geometrischen Sätze sind nämlich allein mit Hilfe des Pythagoras zu beweisen! Da er der zentrale Satz ist, gibt es über tausend verschiedenste Beweisen seiner Gültigkeit! Und doch sind alle Beweise, die man in der Schule kennen lernt, oder die man in den Mathebüchern findet, unbefriedigend! Man sieht den wahren Grund nicht wirklich, warum die Summe der Flächen der Kathetenquadrate ganz genau die Fläche des Hypotenusenquadrats ergibt! Dabei ist ein einleuchtender Beweis so einfach und kurz zugleich, wie folgt:

Es ist ein rechtwinkliges Dreieck, also die Hälfte eines durch eine Diagonale halbierten Rechtecks.
Sind a und b seine Katheten und c die längste Seite (dem rechten Winkel gegenüberliegend), dann gilt $$a^{2}+b^{2}=c^{2}$$

Das rechtwinklige Dreieck wird durch seine Höhe in zwei rechtwinklige Dreiecke zerlegt, die zum Ausgangsdreieck ähnlich sind, denn wenn zwei Winkel gleich sind, dann stimmen alle Winkel überein. Klappen wir nun das gesamte Dreieck um seine Hypotenuse c und die beiden Teildreiecke um die jeweils anliegende Kathete (siehe Abb.), dann gilt offensichtlich für die drei ähnlichen umgeklappten Dreiecke, dass die Flächen-Summe der beiden Katheten-Dreiecke gleich der Fläche des Hypotenusendreiecks, nämlich des Gesamtdreiecks ist!
Wenn dies aber für eine von drei ähnlichen Figuren gilt (nämlich für drei ähnliche rechtwinklige Dreiecke), dann gilt es überhaupt für alle ähnlichen aufgesetzten Figuren, wie etwa für ähnliche Kaninchen (Beutelspacher). Daher gilt der Zusammenhang, (dass die Summe der beiden kleineren das größte ergibt) auch für aufgesetzte Quadrate, denn alle Quadrate sind sich ähnlich! Wer aber gerne lieber Zahlenverhältnisse mag, der berechnet die Ähnlichkeitsfaktoren der ähnlichen kleineren Teildreiecke, indem er das Verhältnis der jeweils längsten Seiten (Hypotenusen) nimmt.
Die beiden Ähnlichkeitsfaktoren $k_{1}$ und $k_{2}$ sind $a$ zu $c$ und $b$ zu $c$. Das Verhältnis der Flächen ähnlicher Figuren ist dann das Quadrat der Streckungsfaktoren, da Flächen ja das Produkt zweier Längen $(\frac{1}{2}g\cdot h)$ sind. Die Flächenverhältnisse der Kathetendreiecke zur Gesamtfläche sind $$k_{1}^{2}=\Bigl(\frac{a}{c}\Bigr)^{2}\quad also \quad A_{1}=\Bigl(\frac{a}{c}\Bigr)^2 \cdot A$$ $$k_{2}^{2}=\Bigl(\frac{b}{c}\Bigr)^{2}\quad also \quad A_{2}=\Bigl(\frac{b}{c}\Bigr)^{2} \cdot A$$ die Flächensumme ist $A$. Somit ist: $$\Bigl(\frac{a}{c}\Bigr)^{2}\cdot A + \Bigl(\frac{b}{c}\Bigr)^{2} \cdot A = A$$ oder $$\Bigl(\frac{a}{c}\Bigr)^{2} + \Bigl(\frac{b}{c}\Bigr)^{2} = 1$$ $$\frac{a^{2}+b^{2}}{c^{2}} = 1$$ $$a^{2} + b^{2} = c^{2}$$ Nun weiß man auch sofort, warum der Pythagoras nur in der Euklidischen Geometrie gilt, nämlich in einer Geometrie in der es überhaupt Ähnlichkeiten gibt. Auf der Kugeloberfläche existieren keinerlei ähnliche Figuren (rechtwinklige Dreiecke können z.B. die Winkelsumme $270°$ haben), und statt dem Pythagoras-Satz gilt ein sog. Kosinus-Satz. In allen Nichteuklidischen Geometrien gibt es keine Ähnlichkeiten und daher auch keinen Pythagoras!